Mein Drama mit dem Psychodrama

Mein Drama mit dem Psychodrama

08
Mar
2017

Energie in Bewegung ist sexy. Sexy im Sinne von lebendig und in erfüllender Kraft. Deshalb liebe ich das Psychodrama. Seelen in Aktion bringen – Menschen in ihr bewegtes Leben führen - pur.

Nur ist es ein Drama mit dem Psychodrama. Allein das Wort dreht in neuronalen Netzwerken unangenehme Schleifen und weckt unlustige Erinnerung. Die Verbindung des Begriffs zu Spielfilmen, die sich immer mit Konflikten befassen ist mächtig. Wer will denn bitte „Psycho“ und vom „Drama“ haben die meisten Menschen in ihrem Leben die Nase gestrichen voll. Da muss ich doch nicht noch hingehen.

Ein wichtiger Grund, dass ich für meine Seminare oft unter anderen Titeln werbe. Spontaneitätstraining. Seele in Aktion. Improvisationstheater. Bühne deines Lebens. Szenisch lebendige Aufstellungsarbeit. Manchmal fühle ich mich dann, als würde ich meinen geistigen Vater J.L. Moreno, den Begründer des Psychodrama verraten. Er hat es so gut vorgedacht, die Psyche (Seele) in Handlung (Drama) zu bewegen. Den Weg bereitet, wie wir zu unserer ursprünglichen Kreativität als Schöpfer unseres Lebens zurückfinden können. Was er nicht auf dem Schirm hatte, war die spätere Besetzung des Wortes „Drama“ mit Leid und Schmerz. Ich weiß nicht, wann es angefangen hat, dass das Drama ein leidvolles wurde.

Der Begriff des Psychodrama verdient im Hier und Jetzt eine Befreiung. Eine Rückbesinnung auf das, was es wirklich ist. Lebendig. Lebensnah. Praktisch. Vernetzend. Schöpfend. Heilend.

Moreno war ein Visionär seiner Zeit. Er hat begriffen und angewendet, was die Wissenschaftler der Neurobiologen heute Stück für Stück erforschen und enthüllen.

Wieso wirkt diese Methode so effizient, nachhaltig und macht auch noch Freude?

  • Sie spricht implizites und explizites Gedächtnis an. Das szenische und  erlebnisaktivierende Darstellen ist wie ein Einstieg in einen Netzwerkknotenpunkt. Von dort aus beginnt die multimodale Reise in den Weiten des neuronalen Netzes.
  • Sie verbindet kognitives und emotionales Erleben. Die Brücke zwischen Fühlen und Denken wird stabil ausgebaut, so dass wir neue Wege gehen können. Auch wenn das limbische System evolutionär in unserem Hirn der Chef ist, gelingt es mit Hilfe des Psychodrama, unbewusste mit bewussten Inhalten zu verknüpfen und alle Gehirnstrukturen (subkortikale und kortikale) zu nutzen. Es leuchtet einfach heller im Oberstübchen, wenn alle Zellen mitmachen. Wachstum in neue Bereiche unserer menschlichen Entwicklung wird möglich.
  • Psychodrama nimmt den Körper mit und spricht ihn ganz konkret an. Es geschieht ein ganzheitliches Lernen mit Körper, Geist und Seele. Der Körper ist der Schlüssel zu allen Ebenen von Sein, zu den Sinneswahrnehmungen, den Affekten, den motorischen Impulsen, zu Erinnerungen und Gefühlen.
  • Psychodrama ist multimodal und spricht alle Sinne an. Veränderungen im Verhalten sind leichter zu bewirken und bleiben nachhaltiger präsent, wenn alle Sinneskanäle einbezogen sind. Durch das „so tun als ob“ lernt das System Mensch mit allen Sinnen lebendiges Sein.
  • Psychodrama bewegt und bringt in Bewegung. Bewegungserfahrungen sind von Beginn an der Garant für Dopaminausschüttungen im Gehirn. Dopamin macht uns glücklich, es ist ein wichtiger Botenstoff im Belohnungssystem. Menschen lernen durch Erfolg und Belohnung. Die Bewegung im Spiel generiert eine bleibende Referenz von Selbstwirksamkeitserfahrung.
  • Psychodrama fördert mit Methoden wie Doppeln, Sharing, Perspektivwechsel und Rollentausch Empathie, soziale Kompetenz und soziale Kreativität. Durch das gemeinsame Spiel in der Gruppe mit gleichzeitiger Aktivierung von Dopaminrezeptoren werden Autonomie der Person, Rollenflexibilität und -kompetenz sowie Kreativität gefördert. Die Aktivierung von Spiegelneuronen stärken im Miteinander der neue Erfahrungen, im berührt werden und berühren das Verstehen des eigenen Verhaltens und das des anderen. Die Spiegelresonanz bietet die neurobiologische Basis für spontanes und intuitives Verstehen menschlichen Verhaltens. Dies erweitert die Fähigkeit, sich in den anderen einzufühlen und mit ihm mitzufühlen. Psychodrama verbindet die Welten im Innen und Außen.
  • Psychodrama dockt an den Grundbedürfnissen des Menschen nach Orientierung und Kontrolle, nach Bindung und Zugehörigkeit, nach Lustgewinnung und Unlustvermeidung und nach Selbstwerterhöhung an. Außerdem öffnet es weiteren Raum für die neuen Bedürfnisse des Menschen nach Nähe, Wachstum, Dienen und Transzendenz. Werden diese Bedürfnisse erfüllt und so Synapsen aktiviert, die an der Erfüllung dieser Bedürfnisse beteiligt sind, gibt es im Gehirn wieder eine stabilisierende Dopaminausschüttung. Der Mensch ist glücklich, wenn er in der Verwirklichung seiner Ziele und in der Erfüllung seiner Bedürfnisse erfolgreich ist. Yipphiiee!
  • Durch die starke Aktivierung im präfrontalen Kortex und die gleichzeitige Aktivierung verschiedener neuronaler Systeme im Handeln gelingt eine schnellere und nachhaltigere Veränderung auf der Verhaltens- und Erlebensebene.
  • Und weil Psychodrama emotionales Erleben sehr zielsicher und intensiv aktiviert, gehen diese Erfahrungen unter die Haut und werden stabil verankert. Frei nach Hüther „nur was unter die Haut geht, wird gelernt“.
  • Psychodrama erschafft einen zusätzlichen Wahrnehmungs- und Erlebensraum – die „Surplusrealität“. Es schenkt uns ein Mehr an Möglichkeiten, einen sicheren Raum des Spielens, Experimentierens – einen Raum für Wunder. Für unser Gehirn ist es gleich, ob das „wirklich“ ist. Im sicheren Raum des „so tun als ob“ gestalten sich neue Referenzerfahrungen und bilden sich neue innovative Verknüpfungen in unseren neuronalen Bahnen. Neue Wege werden erforscht und gegangen, neue Lösungen werden leicht und kreativ erschaffen. Alte bisher nicht erfolgreiche Bahnen werden gleich einem alten ausgefahrenen Eisenbahngleis verlassen und Seele, Geist und Körper begeben sich auf die Reise in neue Welten.

Und so ist mein Drama mit dem Psychodrama handlungsorientiert, lösungsorientiert, ressourcenorientiert und bewältigungsorientiert meinen Weg zu gehen. Meine Aktion dabei heute ist dies zu schreiben. Am Anfang des Schreibens war ich im Leid der Begriffsbewertung gefangen. Jetzt im Augenblick es mir völlig schnuppe, wie es heißt – Psychodrama wirkt und macht glücklich!

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